Das Kulturzentrum der Piaristen: Geborgene Ruinen

Die Renaissance der alten Ruinen der piaristischen Kirchenschule hat das Viertel Lavapiés in Madrid wiederbelebt. In dem Gebäude finden sich heute auch eine Bibliothek und Klassenzimmer und es werden Online-Universitätskurse angeboten. Am Beispiel des Kulturzentrums der Piaristen können wir sehen, dass Ruinen und historische Gebäude in Stadtzentren weiterhin saniert werden sollten.
Das Kulturzentrum der Piaristen: Geborgene Ruinen

Letzte Aktualisierung: 10. Juni 2020

Die Maßnahme rund um das Kulturzentrum der Piaristen, im Viertel Lavapiés in Madrid, ist ein wunderbares Beispiel für die Sanierung von Ruinen. Das Projekt umfasste verschiedene Bereiche, die von der städtischen Umgebung bis zur Innenarchitektur reichen.

Wir können auch verschiedene Konstruktionssysteme in diesem Projekt erkennen, die alle auf unterschiedliche Weise mit der ursprünglichen Struktur zusammenarbeiten. Die Architekten haben auf sorgfältige Weise neue Materialien integriert und dabei während der gesamten Arbeit ein Gleichgewicht bewahrt.

Die Maßnahme zur Sanierung des Kulturzentrums der Piaristen zielte darauf ab, alle Räume miteinander zu verbinden und ein einheitliches Kulturzentrum zu schaffen.

Das Kulturzentrum der Piaristen – Ein Interventionsprojekt

Ruine als Teil des heutigen Kulturzentrums

Das Interventionsprojekt fand zwischen 1996 und 2004 statt. Heute nutzt das Online-Lernzentrum Escuelas Pías die sanierten Ruinen. Die Sanierung war eine einzigartige Intervention, die kaum in eine einzige Kategorie eingeordnet werden kann.

Das Projekt umfasste die Instandsetzung, die Sanierung und den Neubau. Obwohl verschiedene Komponenten das Projekt ausmachen, ist das Kulturzentrum dennoch perfekt ausbalanciert. Alle Elemente arbeiten wunderbar zusammen, um sowohl die Vergangenheit als auch die Gegenwart zu auf wunderschöne Weise darzustellen.

Der spanische Architekt José Ignacio Linazasoro war der Leiter dieses Großprojekts. Die Frucht seiner Arbeit ist ein unglaubliches kulturelles Zentrum, das aus den Kirchenruinen der alten Piaristenschule von San Fernando gehoben wurde.

Das Projekt umfasste auch die Stadtplanung und die Reorganisation des Agustín Lara-Platzes. Darüber hinaus wurde dem Gebäude ebenfalls eine neue Tiefgarage hinzugefügt. Das Gebäude selbst beherbergt einen Hörsaal der Universität und eine Bibliothek, die inmitten der Ruinen steht.

Vor allem profitiert aber das harte Image des Viertels stark von den wunderschön sanierten Ruinen der Kirche. Dank seiner vielfältigen Einwohner hat Lavapiés im Laufe der Zeit einen besonderen Charakter entwickelt.

Darüber hinaus zielte das Projekt auch darauf ab, die Geschichte und alle Veränderungen in der Nachbarschaft selbst zu erfassen.

Die Geschichte der Piaristenschule von Lavapiés

Kulturzentrum der Piaristen – Ehemaliges Gebäude

Die religiöse Schule wurde im Herzen des heutigen Lavapiés gegründet und bereits im 18. Jahrhundert erbaut. Zunächst trug das Gebäude den Namen Colegio de San Fernando (Schule von San Fernando), doch unter den Einheimischen war sie später unter dem Namen Colegio de Lavapiés (Schule von Lavapiés) bekannt.

Pater Juan García de la Concepción, Kaplan der Pilar-Kapelle, gründete die Schule im Jahr 1729 auf einem Grundstück in der Straße Mesón de Paredes. Die Ruinen neben der Kapelle sind ein starkes Zeugnis des spanischen Bürgerkriegs.

Die bescheidenen Einrichtungen der Schule begrüßten viele Kinder, die dort lernen wollten. 1735 gab der Pfarrer von San Justo, dem die Kapelle gehörte, sie dem Orden der Piaristenväter.

Seit 1735 trug die Schule den Namen Colegio de Nuestra Señora de la Portería, um eine Darstellung der Unbefleckten Empfängnis der Jungfrau Maria zu ehren. Später, im Jahr 1737, wurde die Schule einem Erweiterungsprojekt unterzogen, bei dem drei benachbarte Häuser zum ursprünglichen Gebäude hinzugefügt wurden.

Jahre nach der Erweiterung, zwischen 1761 und 1763, halfen mehrere großzügige Spenden der Schule, eine Kirche zu erbauen. Zu den bemerkenswerten Spendern gehörten die spanischen Könige Charles III und Charles IV. Bruder Gabriel Escribano leitete das Bauprojekt der Kirche und entwarf das Erdgeschoss, das aus einem rechteckigen und einem runden Raum bestand, der mit einer extravaganten Kuppel gekrönt werden sollte.

Später änderte das Schicksal den ursprünglichen Namen der Kirche von Nuestra Señora del Pilar, die von der nahe gelegenen gleichnamigen Kapelle abgeleitet wurde, in Colegio de San Fernando.

Das Interventionsprojekt verwandelte die Kirche in eine Bibliothek. Was einst ein Tempel der Religion war, ist heute ein Tempel des Wissens.

Während des spanischen Bürgerkriegs

Ruine während des Bürgerkriegs

Das Gebäude brannte am 19. Juli 1936 nieder. Allerdings geschah dies zufälligerweise nur einen Tag vor Ausbruch des spanischen Bürgerkriegs. Einige Historiker behaupten, dass die Kirche auch nur willkürlich durchsucht wurde, da die anderen Kirchen in Madrid keinen Schaden erlitten hatten.

Einige Leute glauben, dass die Falangistische Partei die Kirche als Schießpulvermagazin benutzte, zusätzlich zu ihren Übungen von Formationen und militärischen Anweisungen im Hof. Da sie sich bereits in der Kirche befanden, verbarrikadierten sich die Falangisten in der Nacht des 18. Juli, dem Tag des Militärputsches, der den Bürgerkrieg auslösen sollte.

Am nächsten Tag eröffneten sie das Feuer mit einem Maschinengewehr aus den Türmen der Kirche. Dabei verwundeten sie einen Passanten und töteten einen weiteren Menschen bei dem Angriff. Als Reaktion darauf überwarfen die Anarchisten der anarchosyndikalistischen Gewerkschaftspartei (Confederación Nacional del Trabajo oder CNT) die Kirche, durchsuchten sie und zündeten sie an.

Und so stand die Kirche bis zu Beginn des Interventionsprojekts verlassen da. Im Gegensatz zu anderen wichtigen Gebäuden in Madrid hatten die Beamten sie nicht restauriert. Erst im Jahr 2002 begann die Intervention des Kulturzentrums.

Der Rehabilitationsprozess und das heutige Kulturzentrum der Piaristen

Kulturzentrum der Piaristen – Rehabilitation

Das Rehabilitationsprojekt zielte darauf ab, eine Basis für Fernunterrichtsprogramme zu schaffen. Es füllte das leere Grundstück, auf dem einst das örtliche Theater stand. Das Projekt hob auch eine Bibliothek aus den alten Kirchenruinen der Schule von San Fernando.

Die Bibliothek befindet sich in der ehemaligen Kirche und ist optisch mit dem Hörsaal verbunden. Außerdem ist sie über Treppen, die parallel zu den Wänden verlaufen, physisch mit dem Hörsaal verbunden. Die Innenräume zeigen die Ruinen und rahmen sie mit neuen Materialien ein.

Die Intervention zielte darauf ab, moderne Architektur mit den Ruinen der Vergangenheit zu verbinden. Und sie hat ihre Ziele auf geniale Weise erreicht. Außerdem wurden verschiedene Umfänge nahtlos integriert.

Darüber hinaus konzentrierte sich das Projekt auch auf kleinere Aspekte, wie die Textur von Materialien und die Architektur. Die Architekten haben dem Entwurf sogar ein städtisches Element hinzugefügt, das die Bibliothek mit dem öffentlichen Raum verbindet.

Die Intervention des Kulturzentrums der Piaristen ist zweifelsohne ein wunderbares Beispiel für die Sanierung historischer Gebäude für zeitgenössische Zwecke.